Stark werden im Mangel
Wirtschaft, 13. März 2024, Peter Rüegg
Einer Studie zufolge hat der Fachkräftemangel in der Schweiz einen neuen Rekordwert erreicht. Dies trotz wirtschaftlicher Abschwächung. Manche Unternehmen investieren in die Weiterbildung ihrer Angestellten. Diese erweitern damit nicht nur ihr fachliches Potenzial.
Die Fasnacht 2024 konnte gar nicht genug davon bekommen. Unzählige Schnitzelbänke, Sujets und Lieder beschäftigten sich damit. Vielleicht war das Thema unter den schweren Themen noch das am wenigsten schwere, aber es begleitet uns täglich: der Fachkräftemangel.
Es gibt zu wenig gut ausgebildete Menschen in der Schweiz, um alle offenen Stellen zu besetzen. Gemäss der Studie «Fachkräftemangel Index Schweiz 2023»* hat der Fachkräftemangel in der Schweiz einen neuen Rekordwert erreicht. Dies trotz wirtschaftlicher Abschwächung**.
Gemäss der Studie bleibe die Rekrutierung von Personal weiterhin eine Herausforderung für Unternehmen. In der Region Nordwestschweiz mit den Kantonen BS, BL, AG habe sich der Mangel weiter zugespitzt. Dies sei hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass es hier weniger Stellensuchende gebe bei einer gleichzeitigen leichten Zunahme von offenen Stellen.
Die Studie listet die betroffenen Berufsgruppen auf. Rang eins sind weiterhin die «Spezialistinnen in Gesundheitsberufen», auf Rang drei folgen «ingenieurtechnische und vergleichbare Fachkräfte», bei denen sich die Lage verschärft hat.
Für die einen erleichternd …
Für Stellensuchende mag die «Mangellage» eine Erleichterung sein, erhöhen sich doch ihre Chancen: Unternehmen sind eher zu Kompromissen bereit und stellen auch Personen mit geringer Erfahrung ein. Die Knappheit kann ausserdem die Verhandlungsposition von Angestellten stärken, wenn es um höheren Lohn, bessere Arbeitsbedingungen oder mehr Verantwortung geht.
In Branchen, wo die Knappheit besonders akut ist, mangelt es oft auch an Führungskräften. Für motivierte Mitarbeitende heisst das: schneller aufsteigen und mehr Verantwortung übernehmen ist durchaus möglich.
… für die anderen erschwerend
Wenn in Arbeitsteams vakante Stellen nicht besetzt sind, kann dies bei den Teammitgliedern zu einer grösseren Belastung führen. Im schlechtesten Fall nimmt die Erschöpfung der Arbeitnehmenden zu.
Unbesetzte Stellen hemmen die Wirtschaftsleistung von Unternehmen. Haben sie Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden, können sie in finanzielle Schwierigkeiten geraten.
Attraktiver werden
Unternehmen agieren unterschiedlich – und manchmal kreativ –, um für ihre bestehenden und ihre neuen Arbeitnehmer attraktiver zu werden. Bis vor wenigen Jahren konnten sie noch auf die Zuwanderung aus europäischen Ländern setzen. Später lockerten sie die Ausbildungsbeschränkungen oder öffneten sich für Quereinsteigende.
Einige Unternehmen haben es mit höheren Löhnen, flexibleren Arbeitszeiten, Fachkarrieren oder grosszügigen Nebenleistungen versucht. Andere investieren in die Weiterbildung ihrer Angestellten.
Gründe für eine Weiterbildung
Für Angestellte bedeutet eine Weiterbildung zunächst einmal eine Erweiterung ihrer Chancen und ihres Potenzials. Dazu kommen noch weitere Gründe: Wer sich weiterbildet, feilt an seiner Persönlichkeit, entwickelt seine Soft Skills.
Sicheres Auftreten gehört dazu, überzeugendes Argumentieren, höhere Zufriedenheit und Motivation ebenso. Und nicht zuletzt bietet jede Weiterbildung die Chance, das soziale Netzwerk zu erweitern.
Auch nach der Fasnacht.
Der Autor
* Die Studie wurde publiziert von der Adecco Gruppe Schweiz und dem Soziologischen Institut der Universität Zürich mit dem Stellenmarkt-Monitor.
Quelle: Adecco Group: «Fachkräftemangel Index 2023», https://www.adeccogroup.com/de-ch/zukunft-der-arbeit/swiss-skills-shortage/swiss-skills-shortage-2023/ , Zugriff 30.2.2024.
** Der Fachkräftemangel spielt vor dem Hintergrund eines deutlich unterdurchschnittlichen Wirtschaftswachstums, wie es das Staatssekretariat für Wirtschaft für 2024 prognostiziert hat, und einer gleichzeitig steigenden Tendenz bei der Arbeitslosenquote.
Quelle: SECO, Staatssekretariat für Wirtschaft. Konjunkturprognosen, https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/wirtschaftslage—wirtschaftspolitik/Wirtschaftslage/konjunkturprognosen.html, Zugriff 30.2.2024.