Eine Lanze für den Sprachkurs

Menschen, 31. August 2022, Isabel Matter
Polyglotte, also Menschen, die mehrere Sprachen sprechen, sind zu beneiden. Wer möchte nicht mir nichts dir nichts vom Englischen ins Spanische wechseln, die Gäste an der Konferenz auf Chinesisch begrüssen und mit dem Kellner ein paar italienische Worte wechseln?
Den meisten von uns ist klar: Wer mehrere Sprachen beherrscht, dem liegt die Welt zu Füssen. Ludwig Wittgenstein, einer der erfolgreichsten Sprachphilosophen des 20. Jahrhunderts, sagte einst: «Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.»
Sprache erweitert die Welt
Aus linguistischer Sicht sind Sprache, Denken und Wirklichkeit auf das Engste miteinander verbunden. Unsere Sprache bildet die Welt nicht einfach ab, sie konstituiert die Welt, so wie wir sie sehen. Die Sprache ist konstituierendes Element unserer Kultur. Diese nimmt Einfluss auf unsere Sprache. Das Erlernen einer neuen Sprache kann uns Zugang zu einer neuen Welt gewähren. Wir erhalten die Möglichkeit, kulturell zu partizipieren und erweitern unseren Horizont.
Daneben gibt es eine Reihe von pragmatischen Gründen, eine neue Sprache zu erlernen. Sprachkompetente Weltenbummler:innen bereisen die Welt entspannter und unkomplizierter als Sprachmuffel. Die Karriereleiter erklimmt man mit ein paar Sprachen im Rucksack deutlich schneller als ohne. Sprachkompetenz macht attraktiv.
Moderner Sprachunterricht ist anders
Wir alle wollen also verschiedene Sprachen sprechen können. Warum aber sind wir nicht bereit, diese Sprachen zu lernen? Warum rennen wir den Institutionen, die Sprachkurse anbieten, nicht die Türen ein?
Es mag gute Gründe geben, das Erlernen einer neuen Sprache auf später zu verschieben. Es gibt aber auch schlechte Gründe. Mit einem möchte ich hier ein für allemal aufräumen.
Viele von uns haben eine veraltete Vorstellung von Sprachunterricht. Wenn wir an unsere Schulzeit zurückdenken, erinnern wir uns in erster Linie an die Paukerei und Plackerei. Wir assoziieren Sprachenlernen vor allem mit einem: Knochenarbeit. Man kämpft sich durch lange Listen unbekannter Vokabeln, verliert bei komplexen Grammatikregeln komplett den Durchblick und erstickt fast an der eigenen Zunge beim Versuch, die unmöglichsten Laute authentisch zu vokalisieren. Zu allem Überfluss muss man auch noch merken, dass man auf Reisen die Menschen vor Ort trotz aller Anstrengung nicht versteht!
Für all jene von euch, denen das bekannt vorkommt, und die aus diesem Grund niemals einen Sprachkurs besuchen wollen, habe ich eine gute Nachricht: Die Zeiten haben sich geändert. Moderner Sprachunterricht ist anders.
In einem modernen Sprachkurs lernst du mit allen Sinnen. Französische Chansons, italienische Rezepte, englische Kurzfilme, spanische Gesellschaftsspiele ermöglichen uns visuelle, akustische, haptische, sogar olfaktorische und gustatorische Zugänge zu Sprache und Kultur. Vokabeln lernst du auf spielerische, kreative, vielfältige Weise. Du erschliesst dir über die neue Sprache den Zugang zu neuen Kulturen und beschäftigst dich im Kurs mit Umgangsformen und Traditionen. Vom ersten Kurstag an, wendest du die neue Sprache an, indem du mit der Dozentin oder dem Dozenten und Gleichgesinnten im Kurs kommunizierst.
Natürlich bedeutet eine neue Sprache auch Arbeit. Aber Arbeit, die Spass macht!
Die Autorin
